Schlimm genug, wenn der Kanton ausgerechnet auf dem Buckel der Ärmsten sparen will. Noch schlimmer, wenn das Sparpotenzial minim, der Schaden für die Betroffenen aber immens ist. Mit dem neuen Sozialhilfegesetz schlägt die Kantonsregierung verschiedene Kürzungsmassnahmen vor, die sie am 3. Juli 2017 vorstellte. Sozialhilfebezüger, die nicht spuren, müssen mit bis zu 10 Prozent tieferen Unterstützungen rechnen - obwohl der Kanton Bern schon heute Ansätze hat, die unter den von der Skos empfohlenen liegen.
Angeblich sollen Sozialhilfebezüger so motiviert werden, schnell wieder aus der Sozialhilfe auszusteigen. Doch die Vorlage geht total am Ziel vorbei. Indem ihnen auch noch das letzte bisschen finanziellen Freiraums genommen wird, werden sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Dort den Einstieg ins Erwerbsleben wieder zu finden, ist ungleich schwieriger.
Die Ursachen der Abhängigkeit hingegen tastet der Gesetzesentwurf kaum an. Ein grosser Teil der Sozialhilfebezüger sind Ausländer. Sie finden vor allem deshalb keinen Job, weil sie die Landessprache zu wenig beherrschen oder ihnen eine Berufsausbildung fehlt. Integrations- und Berufsbildungsmassnahmen wären viel wirksamer für den Wiedereinstieg als reine Repressionsmassnahmen.
Die neuerliche Verschärfung des Sozialhilfegesetzes ist im Gefolge eines zunehmend bissigeren Tones gegenüber Sozialhilfebezügern zu verstehen. Diese werden je länger je mehr generell als “Schmarotzer“ und “Betrüger“ gesehen. Die Landeskirchen und die jüdischen Gemeinden wehren sich in aller Form dagegen, dass die Schwächsten der Gesellschaft zum Spielball politischer Interessen und zu den Hauptleidtragenden von Sparübungen werden.
Fragen zur Sozialhilfe - kurz beantwortet
Factsheet "Armut im Kanton Bern" (Caritas)
2019, 25. April: Communiqué des Eglises nationales
2017, 3. Juli: Medienmitteilung Caritas Bern
2017, 3. Juli: Medienmitteilung Kanton Bern
2017, 3. Jan.: Medienmitteilung Caritas Bern
2017, 3. Jan.: Medienmitteilung Kanton Bern
2016, 31. Aug.: Medienmitteilung Caritas Bern
2016, 9. Juni: Medienmitteilung Kanton Bern
Medienberichte
2017, 15. Juni: Berner Zeitung: "Die alternativen Sparvorschläge wecken Zweifel"
2017, 13. Juni: Pfarrblatt: "Der andere Kanton Bern lebt!"
2017, 6. Juni: Berner Zeitung: "Wenn das Geld kaum für die Lebensmittel reicht"
2017, 23. Jan.: Bieler Tagblatt: "Es muss wohl etwas wehtun"
2017, 4. Jan.: 20 Minuten: "Sozialhilfe-Abbau erntet heftige Kritik"